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admin
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bilanz einer rallye geschrieben am 14.07.2003 um 22:21 Uhr

Die Offroad-Rallye mit dem Robur

Die Rallye Berlin-Breslau sei eines der letzten Abenteuer Europas schreiben die Veranstalter. In der Tat messen sich hier agile Enduros, modernste Geländewagen und mächtige Trucks miteinander in einem Gelände wo sich normalerweise nur Panzer oder Braunkohlebagger bewegen können.
Diese Rallye scheint Mensch und Material mehr zu fordern, als im gut tut. Selbst ausgereifte Allradkonzepte wie der neue Unimog und Mercedes G wagen sich nicht umfangreichen Service an diese Strecken heran.
Wie sollte es also zwei Robur mit minimalem Service ergehen? Im Alltag bewährten sich diese Fahrzeuge in den letzten Jahrzehnten bei Feuerwehr und Armee. Nur selten jedoch hatten die Fahrzeuge marathonmässige Strecken abseits der Strassen zu bewältigen. Selbst große Reisen durch die Sahara bergen keine vergleichbare Anstrengung wie die Rallye Berlin Breslau mit ihren Steilabfahrten, Panzerpist und Sumpflöchern.
Welche Erfahrung ziehen wir nur aus fast tausend Kilometer unwegsamsten Geländes und härtesten, schnellen Pisten?
Gleich vorweg gilt es aber zu sagen, das wir mit zwei ähnlichen und doch völlig unterschiedlichen Fahrzeugen unterwegs waren. Die eine Pritsche kommt fast im Originalzustand von der NVA. Fast unverbastelt steht das Fahrzeug zu Verfügung. Lediglich der originale Motor muss einer generalüberholten, wassergekühleten 135 PS-Dieselmaschine von Daimler weichen.
Bei zweiten Fahrzeug handelt es sich im Grunde ebenfalls um eine NVA-Pritsche. Als ganzes wirkt das Fahrzeug wesentlich originaler, da es noch den guten, alten Benzinmotor mit 75 PS enthält und noch mit einem Planenaufbau versehen ist.
Bei näherem Betrachten erweisst sich das Fahrzeug allerdings als Stückwerk. Das Chassis von 1976, der dritte Motor (aber auch Baujahr 1976), die Kabine ist wohl wesentlich neueren Datums, das Verteilergetriebe und die Seilwinde nachträglich eingebaut.
Selbst die Holzpritsche steht in verändertem Zustand da und wurde so auch neu aufbereitet.
Obwohl wir vor der Rallye möglichst viel Zeit in die Details des Fahrzeugs investieren lässt sich nicht verleugnen, dass die Rallye sehr stark an den Fahrzeugen zehrt. Der unverbaute Robur übersteht die sieben Etappen ausser einem Federbruch und mehreren Plattfüssen fast unversehrt, um dann mit Kupplungsschaden (auch von Daimler) die Heimreise anzutreten. Der zweite Robur lässt sich nur durch dauerndes Schrauban am Leben erhalten. Die Schadensbilanz sieht wie folgt aus: Der neue, alte Motor, welcher mit vermutlich kaum mehr als 500 Kilometer Laufleistung kurz vor der Rallye eingebaut wurde zeigt seine Schwächen recht bald.
Verunreinigte Wege im Ölkreislauf lassen das schlimmste befürchten. Aber ist es nur der Dreck der Jahrhunderte oder sind es zerriebene Lager, die sich immer wieder aufs neue im Öl finden? Es könnten Messing oder Kupferteile sein, vielleicht aber auch nur Rost oder alte Dichtungen. Dieses Rätsel ist bis heute nicht gelöst.
Ebenfalls ungewiss ist das Schicksal der ziebenundzwanzig Jahre alten Wellendichtringe. Bereits nach wenigen hundert Kilometern beginnen diese vorne leicht und hinten reichlich Öl herauszulassen. Auch hier rätseln wir noch, ob dies an dem überalterten Material oder an einem eventuellen Lagerschaden liegt.
Nach einem plötzlichen Absinken des Öldrucks bleibt uns nur, eine Etappe abzubrechen, das ganze Öl abzulassen, den Motor bestmöglichst auf der Wiese zu reinigen und zu hoffen. In kaltem Zustand stimmt der Öldruck nun, im warmen Zustand erreichen wir gerade so den grünen Bereich. Immer noch schwankt die Öldruckanzeige, was auf weiteren Dreck im Öldruckventiel hindeutet.
Neben vielen kleinen Schäden, die sich aus sich lösenden Schrauben ergeben verlieren wir auch fast unser Verteilergetriebe. Drei von vier Bolzen rütteln sich los und gehen verloren. In letzter Minute fällt uns dies auf und wir können das Verteilergetriebe mit ein paar Schrauben und einem Spanngurt sichern. Auf der Strasse geht das, die Kräfte im Gelände lassen keine wirkliche Weiterfahrt zu.
Beim Wechseln des Verteilergetriebes stellen wir auch fest, dass die Silentblöcke der Aufhängung nicht mehr völlig intakt sind. Was hier nur Ursache und Wirkung ist lässt sich nicht feststellen.
Dass wir uns im harten Geländeritt die Vorderachse verbogen haben ist nicht dem Robur, sondern der Fahrweise zuzuschreiben. Beide vorderen Steckachsen haben dies nur wenige Kilometer überlebt. Nach einer Verbindungsetappe (150 km)auf Asphalt und 20 Kilometer im Gelände bestand kein Kraftschluss mehr zwischen Gelenkwelle, vorderem Differntial und den beiden Rädern. Die tausend Kilometer Heimreise konnten nur mit vertikal verstellter Spur gefahren werden. Zur Folge sind auch die Stehbolzen der Lenkung verschlissen und zeigen nun erhöhtes Spiel.
Vielleicht hätte sich die Vorderachse neben einer ruhigeren Fahrweise auch durch bessere Stossdämpfer retten lassen. Der Robur schaukelt sich auf kurzen harten Wellen in der Piste unheimlich stark auf, so dass er schnell der Bodenkontakt verliert.
Zu den Gewaltschäden an der Vorderachse konnten wir auch feststellen, dass die Differntiale trotz neuer Entlüftungsleitungen schnell mit Wasser und Schlamm volllaufen. Hier scheinen die Dichtungen ebenso überaltert zu sein.
Ein Problem der sich lösenden Schrauben stellen auch die hinteren Steckachsen dar. Einen Tag nicht hingeschaut und vier von fünf Schrauben sind lose bis weg. Hier scheint kein Trick zu helfen, um die Schrauben auf ihren Platz zu verweisen. Lediglich regelmässiges nachziehen auf Drehmoment scheint hier zu helfen.
Weniger wichtige Verschraubungen, aber nicht weniger ärgerliche, die sich lösen finden sich am Armaturenbrett, an den Türen und hin und wieder am Rest vom ganzen Fahrzeug.
Bewährt haben sich dagegen die Verschraubungen der Gelenkwellen mit 10.9er Schrauben, Sprengring und selbstsichernder Mutter. Dies haben wir geändert aus der Erfahrung heraus, dass schon mal ein Kardan auf der Autobahn liegen bleibt.
Der Rest unserer Pannen scheint dagegen kaum beachtenswert. Der Robur hupt ständig, obwohl er das nicht soll. Irgendwann ist dann still und nach einem Blick wundert sich auch keiner mehr. Die Hupe ist weg. Weg war auch auf einer Panzertrassen plötzlich die Motorhaube. Still und heimlich hat sie sich aufgelöst, wurde aber glücklicherweise wieder von den Streckenposten gefunden.
Viel Malheur hatten wir auch mit der 8 Ampere-Sicherung der Zündung. Mindestens drei mal ist diese in den ungeschicktesten Momenten in den Schlammlöchern durchgebrannt.
Nicht gestoppt, aber dennoch viel Kummer hat uns auch der Haupttank bereitet, der seine innerliche Lackschicht auflöst und dadurch bald täglich einen Filter verstopfte und auch der Benzinpumpe sowie dem Vergaser zu schaffen machte. Allein auf einer Etappe mussten wir vier mal den Vergaser überzeugen doch wieder den kostbaren Sprit durchzulassen.
Nach einer Überholung des Vergasers, dem Austausch der Benzinpumpe und öfters einem neuen Filter war dann erstmal Ruhe in dieser Hinsicht. Die Tankreinigung steht noch aus.
Wunderlicherweise fährt der Robur aber nach der letzten Etappe ohne zu murren nach hause. Tausend Kilometer über polnische Landstrassen und deutsche Autobahnen sind für ihn kein weiteres Problem. Mit der Freude endlich die Rallye hinter sich zu haben fährt er gar mit 95 Sachen in der Ebene gen Heimat. Selbst die deutlich verbogene Vorderachse hält das durch. Lediglich die Belastung der Bolzen ergibt ein immer größer werdendes Lenkspiel.
Wieder zuhause haben wir schon das neue Ziel vor Augen. Vielleicht nicht gleich im nächsten Jahr, aber irgendwann wird es uns gelingen mit einem möglichst originalen Ello jeden Kilometer der Rallye mit eigener Kraft zurückzulegen.

  headmaster
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#2



RE: bilanz einer rallye geschrieben am 14.07.2003 um 22:53 Uhr

Es ist bestimmt interessant zu sehen wie sich ein originaler Lo durch das gelände schlingelt und ob er das durchält. Aber ihr wisst ja, man steckt in dem Auto nicht drin. Manche halten ewig und manche machen es einen schwer. Vieleicht war der LO ja ein Montagsauto Da soll ja immer was schief gegangen sein.

Dafür das es das erste mal war, habt ihr alles doch super gemeistert. Und hauptsache ihr hattet Spaß und eine Erfahrung mehr für das leben. Und jetzt wo ihr ein Rennen hinter euch habt, wisst ihr ja was ihr beim nächsten mal beachten müßt. Mann lernt ja immer erst aus den Erfahrungen die man macht.

Zumindest seit ihr augefallen und wer weiß, vieleicht wußten bis zum Start manche Rennteilnehmer nicht mal was ein Lo ist und sind dann doch ins grübeln gekommen was man mit so einem Teil alles machen kann. Für sein Alter und die einfache Technik ist der Lo doch das Top Fahrzeug. Wenn man bedenkt wie viel Geld so ein MAN KAT kostet, dann die Teile und alles was man da noch braucht da ist der Lo das Pflegeleichteste Fahrzeug.

Auf jedenfall habt ihr es außerordentlich gut gemacht und alle haben euch die Daumen gedrückt und die wenigen Infos die man jeden Tag bekommen konnte mit spannung verfolgt.

mfg Toni Kernchen

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RE: bilanz einer rallye geschrieben am 15.07.2003 um 10:25 Uhr

dankeschön das nächste mal brauchen wir noch jemanden, der uns die berichterstattung abnimmt, dann können wir sicherlich auch ein wenig mehr berichten und mehr aktuelle fotos liefern.

  driver
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#4


GAZ 69 , LD 2002 MZ/AFR 7 ,Quierschied / Saar
RE: bilanz einer rallye geschrieben am 15.07.2003 um 10:51 Uhr

Hallo und Kopf hoch!
Unser Hobby ist ROBUR fahren und basteln.Wen ihr Rennen fahren und gewinnen wollt wisst ihr was das kostet.Von der Zeit dir ihr braucht gar nicht zu reden.Ich weiss nicht wer gewonnen hat aber ich wette das der Aufwand des Siegerteams bedeutend höher war als eueres.Vergesst nicht wie alt das ROBUR Konzept ist und für welchen Zweck er gebaut wurde.Auf unseren Extre baustellen im Herbst hatten wir neue und moderne MAN und Daimler 2638 3 Achskipper im Einsatz und durch Termindruck und 3 Schichtenbetrieb waren
Federbrüche und Steckachsenabrisse an der Tagesordnung.Kupplung , alle 3 Monaten neu !.Ihr habt euch gut geschlagen Jungs, wir sind stolz auf euch !

Nur wo Oel raus läuft ist auch Oel drin !

admin
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RE: bilanz einer rallye geschrieben am 15.07.2003 um 12:33 Uhr

keine sorge, der kopf ist oben die schrauberei hat ja auch spass gemacht... und in der tat vermute ich mal, dass unser budget vielleicht 5 bis 10 % der vorderen teams war.

peter
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RE: bilanz einer rallye geschrieben am 23.08.2003 um 23:05 Uhr

Schönen Dank für Euren Bericht !
In meiner Gruppe hatte ich einen W 50 LA/A, vier URAL 375D mit Anhänger und einen LO 2002A. Bei uns wurde diesen Fahrzeugen nie wirklich etwas abverlangt, drei - vier mal im Jahr ein paar Kilometer Waldwege und vielleicht 500 Kilometer Landstraße, das wars.

Deshalb ist Euer Bericht besonders interessant für mich.
Das Budget ist das eine, wichtiger wäre mal zu lesen, welche Teams mit welcher Technik (und vermutlich wesentlich mehr Kohle) noch vor Euch weggetreten sind. Was der Kollege von der Baufirma da berichtet, spricht eigentlich Bände ...